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Super 8: Produktion des Kodachrome 40 wird eingestellt

 
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HAL



Anmeldungsdatum: 28.03.2005
Beiträge: 194

BeitragVerfasst am: 21 Jul 2005 13:03    Titel: Super 8: Produktion des Kodachrome 40 wird eingestellt Antworten mit Zitat

Wer hat sie nicht noch im Keller oder auf dem Dachboden liegen: Aufnahmen von Familienfesten und Urlaubsreisen auf Super-8-Material. Kodak beendet jetzt die Produktion des "Kodachrome 40"-Films. Ein Artikel dazu von Der Tagesspiegel:

Zitat:
KODACHROME 40

Rattern gehört zum Handwerk

Ende einer Legende: Kodak nimmt den Schmalfilm Kodachrome 40 vom Markt. Ein Nachruf auf die Super-8-Kultur


Von Bodo Mrozek

Wenn die Erinnerung eine Farbe hat, dann wohl diese: ein erdiger, mit warmen Pigmenten gesättigter Ton. Grobkörnig, manchmal unscharf, ab und zu flackert eine Leerstelle. Nur unbeholfen fügen sich die Bilder zu einer Bewegung, die Schnitte zwischen den Einstellungen sind hart. Mit anderen Worten: Die private Erinnerung sieht aus wie ein Super-8-Film. Genauer: wie ein Kodachrome 40.

Kodachrome 40 ist der Name für ein geradezu mythisches Material. „Mama, don't take my Kodachrome away“, sang Paul Simon 1973. Vor vierzig Jahren präsentierte die Firma Kodak die Minikassette in der knallgelben Schachtel, von ihren Fans liebevoll K-40 genannt. Und nach vierzig Jahren soll nun Schluss sein. Unauffällig in einer Jubiläumsmeldung versteckt, kündigte die Kodak England ganz beiläufig das drohende Ende der analogen Kulturtechnik an – und das ausgerechnet auf einer digitalen Internetseite: Die Produktion des legendären Super-8-Filmes, nach dem Rückzug von Marken wie Agfa und Revue aus dem Zelluloidgeschäft einer der letzten Veteranen, wird aus Kostengründen eingestellt. Unbestätigten Angaben zufolge brach der Verkauf jährlich um etwa 15 Prozent ein.

Auch das letzte zertifizierte Labor in Renens bei Lausanne, das den Kodachrome zentral entwickelte, soll geschlossen werden, angeblich sei das Haus bereits verkauft und werde abgerissen. Nach Angaben des Laborleiters wurden dort zuletzt immerhin noch 1,5 Millionen Filmmeter im Jahr entwickelt. Was das Unternehmen offenbar nicht bedacht hat, ist die Popularität des eigenen Produktes. Mehr als 1500 deutsche Schmalfilmfreunde protestieren nun in einem offenen Brief, darunter der Regisseur Hans Weingartner („Die fetten Jahre sind vorbei“) und die Schauspielerin Franka Potente, die ihr Regiedebüt für das Fernsehen soeben vollständig auf Super-8 drehte. Bei Kodak in Rochester, USA, wiegelt man ab und verweist auf den neuen Film Ektachrome 64 T. Die Aufregung sei übertrieben. Ein Sturm in der Entwicklerdose?

Mitnichten. Das Ende des K-40 markiert sinnfällig das Ende einer ganzen Epoche. Kaum ein Filmmaterial war so verbreitet wie Super 8, die Zahl der verkauften Kameras wird auf 30 Millionen weltweit geschätzt. Zwischen 1972 und 1980 gingen in Deutschland drei Millionen Super-8-Kameras über die Ladentische, allein im Jahr 1980 verkurbelten die Deutschen 20 Millionen Filme. Tante Trudes Hochzeit, Klein-Michas erster Kopfsprung vom Beckenrand und immer wieder Urlaubslandschaften. Frauen an der Brüstung, Kinder unterm Rasensprenger oder die erste Reise im Ford Taunus und im Hintergrund die Sehnsuchtsorte des 20. Jahrhunderts von Amrum bis zur Zugspitze: Die Super-8-Kamera war immer dabei. Nicht nur zur Freude der Statisten, denn kaum waren die Kerzen auf dem Geburtstagskuchen ausgepustet oder die Rucksäcke abgeschnallt, schrie Vater, der irgendwo im Gebüsch auf den Knien lag, „nochmal!“, weil Mutter ihm ins Bild gelaufen war oder er die Schutzkappe noch auf dem Objektiv hatte.

Tatsächlich markierte Super 8 eine Revolution. Das schon vor dem Krieg bekannte 8-mm-Bild wurde auf der Leinwand größer, und erstmalig gab diese Technologie dem Volk eine erschwingliche und leicht bedienbare Kamera in die Hand. So wurden Familienväter zu Regisseuren, Kameramännern und Cuttern zugleich, und die Wohnzimmer verwandelten sich mit Leinwand und Projektor in Heimkinos. Anders als das Fernsehgerät, das mit der Schrankwand und dem niedrigen Couchtisch die Wohnkultur entscheidend veränderte, ließ sich das Super-8-Zubehör unauffällig verstauen.

Zum ersten Mal blickten die Menschen zu Hause auf eine Leinwand – und sahen dort sich selbst. Der investigative Dokumentarfilm, der Realismus der Siebziger und das Jedermann-Fernsehen à la Big Brother wäre ohne die Pioniere hinter der Super-8-Kamera kaum denkbar. Und auf Kodachrome ließen sich nicht nur Urlaubserinnerungen drehen. Die Einzelbildtechnik erlaubte Trickfilme, in denen wie von Geisterhand Dinge erscheinen und verschwinden konnten und der erste Kopfsprung lief zum Vergnügen der Zuschauer immer wieder rückwärts.

Kinderregisseure drehten mit Plastikfiguren als Hauptdarstellern „Star Wars“-Remakes und simulierten mit Mehl und Knallkörper aufwändige Special-Effects in den Mondlandschaften der Buddelkisten. Die Älteren erweckten mit avantgardistischen Schnitten und existentialistischen Zigaretten im Mundwinkel die Nouvelle Vague zu neuem, wackligem Leinwandleben. Und manche Schmalfilmer, zum Beispiel Steven Spielberg, Roland Emmerich oder Spike Lee, setzten ihre auf Kodachrome begonnenen Karrieren in Hollywood im Großformat fort.

Das Ende drohte um 1985: Video killte die Zelluloidkultur. Im Unterschied zu den pixeligen Bildern auf Magnetband hatte der Super-8-Film einen entscheidenden Nachteil: Eine 2,5-Minuten-Kassette war mit rund 12 DM relativ teuer. Und mit seiner geringen Lichtempfindlichkeit (40 ASA) war der K-40 ohne Scheinwerfer fast nur am Strand zu gebrauchen. Die neue Videotechnik erlaubte die Mehrfachverwendung der Kassetten und verlängerte die Spieldauer auf abendfüllende Länge. Längst ist auch diese fossile Technik von der digitalen Revolution bedroht.

Doch noch immer ratterten Kodachrome-40-Kassetten in den Handkameras der Enthusiasten. Schmalfilmer schwören auf die Körnigkeit und den warmen Farbton, die den Super-8-Film in die Nähe des Spielfilmes rücken. Den Unterschied zwischen Super 8 und Video beschreibt Jürgen Lossau, Fernsehproduzent und Chefredakteur der Fachzeitschrift „Schmalfilm“, wie „den zwischen einem Tatort und einer auf Video gedrehten Soap Opera im Privatfernsehen“.

In Musikvideos wird immer wieder Kodachrome verwendet, auch der aktuelle Werbespot für den neuen VW-Golf ist auf Super 8 gedreht. Doch der gelbe Riese bleibt unnachgiebig. Bei Kodak wirbt man stoisch für das neue Material Ektachrome, das den K-40 ersetzen soll. Die Schmalfilmer lassen sich damit nicht vertrösten: Eine Testvorführung in Paris löste Lossau zufolge helles Entsetzen über die niederschmetternde Qualität aus. Zudem können viele Amateurkameras den Film nicht lesen, weil sie nur für 40 oder 160 ASA eingerichtet sind.

Was das Besondere an dieser Kultur war, die kein noch so perfektes Digitalbild ersetzen kann, ist schwer zu sagen. In dem Roman „Leuchtspur“ (Ullstein 2001) verwendet der 1971 geborene Andreas Schemel die Super-8-Kultur als Gedächtnis-Metapher: „Ich höre noch heute das Geräusch, mit dem die kleine Schneidevorrichtung die Schnittenden aufraute und rieche noch den Kleber, der vier Jahreszeiten zu einem einzigen Urlaub verband“, schreibt er. „Licht aus! rief mein Vater dann, und meine Mutter, die am Lichtschalter bereit stand, schaltete. Nun, während mein Urlaubs-Ich noch als farbiger Fleck in einem atemberaubenden Tempo auf einem hellgelben Hintergrund Haken schlug, drehte mein Vater mit rechts an der Linse und mit links an dem Rädchen für Geschwindigkeit, bis ich, erkennbar als der, der ich war, gestochen scharf in Holland den Strand entlanglief. Dies waren Momente größten Glücks.“

Vermutlich bestand dieses Glück darin, dass Super 8 uns die schöne Illusion gab, Hauptdarsteller im Kinofilm des eigenen Lebens zu sein – und nicht nur in einer Fernsehsendung.

1965 bringt die Firma Kodak den Super-8-Film Kodachrome 40 auf den Markt.

2004 macht Kodak vor allem mit Digitaltechnik 13,5 Milliarden Umsatz.

2005 schreibt Kodak mit 142 Mio. Dollar Verlusten rote Zahlen.

Der K-40 wird eingestellt. Verfallsdatum der letzten Filme ist der November 2005.
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