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helmi



Anmeldungsdatum: 10.03.2005
Beiträge: 2820
Wohnort: Hall of the incredible macro Knight

BeitragVerfasst am: 09 Jul 2009 12:50    Titel: Alle Anderen Antworten mit Zitat

Beziehungskomödien gehörten bisher nicht zum Repertoire der Berliner Schule. Dass Maren Ade die Abweichung zum Glanzstück umzuwandeln weiß, verrät viel über das große Talent einer noch jungen Autorenfilmerin, die nach ihrem ähnlich tragikomischen Debüt „Der Wald vor lauter Bäumen“ (fd 36 880) die anderen Kombattanten mit Mut zur reifen Handschrift hinter sich lässt. Was ihr zweiter, im Wettbewerb der diesjährigen „Berlinale“ zu Recht gleich zweifach prämierter Langfilm auf Anhieb zu schaffen weiß, ist eine atemberaubende Nähe zu den Figuren, die aller demonstrativen Lässigkeit zum Trotz bei dem Versuch, Bodenhaftung zu bekommen, kläglich scheitern und sich lieber im kindlichen Möglichkeitswahn einrichten: Bietet doch das Erwachsenwerden nur die unausweichliche Bewältigung von Verlusten. Inmitten eines immer noch komfortablen materiellen Überflusses eine unerquickliche Aussicht. Dass sich die 1976 geborene Regisseurin mit diesem heute vor allem die Thirtysomethings plagenden Phänomen auskennt, macht „Alle Anderen“ zu einem ungemein lebendigen Sittenbild einer Generation, die das von ihren Eltern lancierte Projekt der Selbstverwirklichung zum Dauerzustand erklärt hat.


Zurück zum Beziehungskrieg, der bei Ade nach gründlichem Studium von einschlägigen Krisenfilmen wie Bergmans „Szenen einer Ehe“ (fd 19 216), Godards „Die Verachtung“ (fd 13 279) oder Antonionis „Die Nacht“ (fd 10 291) erfreulich zeitgemäß und zugleich gespickt mit ewig gültigen Beobachtungen der amourösen Kampflinien daherkommt. Eine auf schrille Auftritte abonnierte PR-Beraterin bei Universal Music und ein den Zwängen des Marktes trotzender Jung-Architekt begegnen im Urlaub der Verfallszeit ihrer Beziehung. Eigentlich könnten sich Chris und Gitti mit ihren unsicheren Jobs das Domizil auf Sardinien gar nicht leisten. Wie gut, dass die Eltern vorgesorgt haben, auch wenn die Einrichtung den designbewussten Blick beleidigt. Beim süßen Herumalbern auf der Insel ziehen auf einmal emotionale Gewitter auf. Existenzielle Fragen, die im Alltag ein Schattendasein führten, kommen ausgerechnet in der Mittelmeersonne zum Vorschein. Als den Architekten die Nachricht erreicht, dass er einen Bauprojekt-Wettbewerb nicht gewonnen hat, zweifelt er plötzlich an seiner männlichen Ausstrahlung und lässt sich wehleidig von der Freundin, die selbst keinerlei berufliche Ambitionen hegt, moralisch aufpäppeln. Das hindert sie nicht daran, sexuell fordernd aufzutreten und mit subtilen Sticheleien Öl ins Feuer zu werfen.

Das ist die Vorlage für einen mitunter komischen, aber immer auch grandios genau skizzierten Geschlechterkampf um Rollenzuweisungen, Lebensentwürfe und das unbändige Verlangen nach nie endender Jugend.

Als ein befreundetes grundsolides Paar, das scheinbar allen Anforderungen von Karriere bis zur Kinderplanung gewachsen ist, auf der Insel auftaucht, regrediert das kriselnde Duo im Supermarkt zu Kleinkindern. Der Fluchtversuch zwischen den Regalen ist vergeblich, denn „die anderen“ lassen es sich nicht nehmen, die Reviere abzugleichen. Beim Abendessen am Swimmingpool, das verblüffend an die in französischen Filmen obligatorisch und ausführlich inszenierten Gesprächsrunden im Familienkreis erinnert, wechseln die Fronten. Der in seinem Selbstbild verunsicherte Chris desertiert in die Arme des selbstgerecht auftretenden Geschlechtsgenossen und entdeckt unerwartet die Vorzüge der Konformität, samt der Verheißungen einer geregelten bürgerlichen Existenz. Gitti ist tief verletzt über diesen Nachweis charakterlicher Schwäche und sprengt den Rahmen mit aggressiv vorgetragener Kritik, worauf sie Chris als peinlich abtut. Es ist der Schlüsselmoment des mit minimalistischer Bescheidenheit gedrehten und dank ins Schwarze treffender Dialoge überaus klugen Filmwunders, in dem der Wunsch nach Zugehörigkeit das romantische Modell einer absoluten, über alle gesellschaftlichen Zwänge erhabenen Liebe verrät.


In der zweiten Hälfte nimmt das Karussell sich widersprechender Gefühle unausweichlich an Tempo zu, auf Verletzungen folgen Umarmungen, auf Opferbereitschaft die Einsicht in die trennenden Unterschiede, und auch die Lichtverhältnisse wechseln von warmen Ockerfarben zu indifferenten Tönen. Wie die wunderbare Birgit Minichmayr und der in seiner phlegmatischen Unentschlossenheit nicht weniger präsente Lars Eidinger diesen Auflösungsprozess mit vollem Körpereinsatz meistern, ist schlicht bewundernswert. Wenn sie zum Schluss gegen ihr Naturell buchstäblich die Verstellung wählt und sich tot stellt, um ihrem Gegenüber eine verbindliche Reaktion abzutrotzen, ist das kein Machtkampf mehr, sondern pure Verzweiflung, in der sich das Unbehagen über die enttäuschten Erwartungen an den anderen spiegelt. Man mag diesen berührenden Schlussakkord als Chance zum Neuanfang interpretieren oder als das letzte Aufbäumen unverbesserlicher Narzisse.

gruss

helmut
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Der Mensch lässt sich grob in zwei Gruppen einteilen: in Katzenliebhaber und in vom Leben benachteiligte.

Francesco Terarca
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Dr. Strangelove



Anmeldungsdatum: 02.08.2005
Beiträge: 1806

BeitragVerfasst am: 09 Jul 2009 13:07    Titel: Antworten mit Zitat

Werd ich mir nächste Woche anschauen, bin auch schon sehr gespannt drauf.
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"Un artiste est toujours jeune" Jean-Marie Straub
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cinéphile
Gast





BeitragVerfasst am: 09 Jul 2009 13:33    Titel: Antworten mit Zitat

Von dem hab ich neulich im Radio Gutes vernommen.
Hoffe, der kommt nach Baden oder Brugg.

Gruss
Ingo
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helmi



Anmeldungsdatum: 10.03.2005
Beiträge: 2820
Wohnort: Hall of the incredible macro Knight

BeitragVerfasst am: 09 Jul 2009 13:52    Titel: Antworten mit Zitat

Ingo hat folgendes geschrieben:
Von dem hab ich neulich im Radio Gutes vernommen.
Hoffe, der kommt nach Baden oder Brugg.

Gruss
Ingo


in Baden läuft der film ab heute abend.

gruss

helmut
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Francesco Terarca
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Dr. Strangelove



Anmeldungsdatum: 02.08.2005
Beiträge: 1806

BeitragVerfasst am: 30 Jul 2009 00:10    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe den Film soeben gesehen und hatte große Mühe, die zwei Stunden durchzuhalten. Obwohl er durchaus ein paar schöne Szenen hat, etwa wenn sich alle Personen im Zimmer der Mutter aufhalten und durchaus gelungen Zweierbeziehungen in ihrer ganzen Fragilität beleuchtet. Grundsätzlich ändert das aber nichts daran, dass er größtenteils banal daherkommt und ich mir die frage stelle, wieso ich die Launen dieser Frau den ganzen Film über ertragen muss - dass sie ein unmöglicher Mensch ist war schon zu Beginn klar. Auch hat mich das Schauspiel der beiden Hauptdarsteller nicht sonderlich beeindruckt, eine echte Präsenz oder gar Anteilnahme des Zuschauers an ihrem Schicksal erreichen sich fast nie. Dramaturgisch ist der Film zudem eine Katastrophe: wieso wird in der Mitte des Films die Szene, die den Film eröffnet hat noch einmal erzählt? Wieso wird die Fenstersturzszene erst so künstlich vorbereitet und dann einfach so stehen gelassen, ohne dass sich etwas verändert hätte? Wieso wird dreimal so penetrant beim Schnitt von sehr dunklen zu sehr hellen Szenen gewechselt - um die Adaption des Zuschauerauges zu testen? Und was sollte nochmal die endlos lange Sexszene am Schluss? Kann sein, dass der Film von Frauen besser verstanden werden kann und er sicher recht präzise banale Probleme einer jungen Beziehung anspricht, die eigentlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Inhaltlich hat er mir jedoch nichts Neues erzählt und filmisch war er ein Ärgernis.
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"Un artiste est toujours jeune" Jean-Marie Straub
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cinéphile
Gast





BeitragVerfasst am: 02 Aug 2009 19:11    Titel: Antworten mit Zitat

Dr. Strangelove

Dem kann ich gut beipflichten.
Habe das in einer Unterhaltung mit Helmi aber auf einen Satz verkürzt und gesagt, dass der Film seine Botschaft auch in 80 Minuten hätte rüberbringen können.

Der Film ist nicht gerade von Belang.

Gruss
Ingo


Zuletzt bearbeitet von cinéphile am 02 Aug 2009 19:12, insgesamt einmal bearbeitet
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cinéphile
Gast





BeitragVerfasst am: 02 Aug 2009 19:12    Titel: Antworten mit Zitat

Ich heisse Edit!
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helmi



Anmeldungsdatum: 10.03.2005
Beiträge: 2820
Wohnort: Hall of the incredible macro Knight

BeitragVerfasst am: 02 Aug 2009 19:53    Titel: Antworten mit Zitat

Ingo hat folgendes geschrieben:
Ich heisse Edit!


dann solltest du deinen usernamen ebenfalls editieren! Laughing

gruss

helmut
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Francesco Terarca
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