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kon ichikawa ist tot

 
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helmi



Anmeldungsdatum: 10.03.2005
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BeitragVerfasst am: 19 März 2008 18:57    Titel: kon ichikawa ist tot Antworten mit Zitat

Kon Ichikawa


Nach Masaki Kobayashi, Akira Kurosawa und Keisuke Kinoshita starb am 13. Februar in Tokyo mit Kon Ichikawa auch der letzte der „Vier Ritter“: So endet das Zeitalter der Giganten des japanischen Kinos. Yonki no kai = Gesellschaft der Vier Ritter, nannte das Meister-Quartett seine Produktionsfirma, mit der die damals weltweit wohl berühmtesten (noch lebenden) Regisseure Japans 1969 versuchten, dem einheimischen Kino zu alter, rapide verfallender – realiter sich aber einfach nur (ver-)wandelnden – Größe zu verhelfen. Vergebens: Mehr als einen Film, Kurosawas Monument „Dodes’kaden“ (1970) und einen Kino-Fernseh-Hybriden, Kobayashis „Kaseki“ (1975), brachten sie nicht zu Stande. Von den Vieren war Ichikawa der einzige, der sich, wenn auch mühsam, ab den 1970er-Jahren noch in der japanischen Produktionslandschaft halten konnte; was ihm die internationale wie nationale Filmkritik, die sich einen weiteren Märtyrer statt einen Überlebensmeisterkünstler gewünscht hätte, nie so recht verziehen hat. Ichikawa wurde zu einem permanent Wiederzuentdeckenden.

Bis in die späten 1960er-Jahre galt Ichikawa (bürgerlich: Yamada Uji; geb. am 20.11.1915 in Mie) dabei als ein Axiom des japanischen Kinos: Von den frühen 1950er-Jahren – beginnend 1952, als er mit der übermütigen Sozialsatire „Lucky-san“ und der losen ero-gro-nonsens-Farce „Ashi ni sawatta onna“ zwei frühe Hauptwerke schuf – bis zu seinem vielleicht größten Film, „Tokyo Olympics“ (1965), realisierte Ichikawa Meisterwerk um Meisterwerk. Das tat er ab 1958 („Enjo“)/1959 („Kagi“, „Nobi“) mit einer nahezu traumwandlerischen Sicherheit, mit fast verstörender Regelmäßigkeit und Selbstgewissheit – oft genug in CinemaScope, grafisch, kraftvoll, expressiv in Schwarz-Weiß wie auch Farbe: mit dem Auge des Grafikers, Zeichners, wie es niemand anderes je beherrschte. Erstaunlich war die Vielgestaltigkeit seines Schaffens, Ichikawa konnte alles: Spiel-, Dokumentar-, Animationsfilme – statt wie die allseitig geläufigen Großen immer raffiniertere Variationen des Gleichen zu schaffen, probierte Ichikawa alles aus und nahm an, was sich anbot, früher Studioaufträge (oft genug als tätige „Buße“ für persönliche Projekte, die keine Kasse machten), dann Industriefilme, ab der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre auch Fernseharbeiten. So schuf er sich sein riesiges, rund 90 Werke umfassendes Œuvre. Ähnlich wie für Claude Chabrol war das Filmemachen an sich für Ichikawa existenziell wichtig – welche Stoffe er dabei verarbeitete hingegen weniger, denn künstlerisch aneignen, „shanghaien“ lässt sich vieles, und das tat Ichikawa auch: von der Hochliteratur bis zum Comic, vom Sport über den Krieg und den Alltag bis zum Eros. Der Unterschied zwischen den Filmen, die er machen wollte, und denen, die er machen sollte, ist denn auch bei weitem nicht so groß, wie oft getan wird – „Yukinojo henge“ („Yukinojôs Rache – Von Dämonen verzauberte Schneemacht!“, 1963), heute eines seiner bekanntesten, meist gefeierten Werke, war eine reine Auftragsarbeit, „Tokyo Orimpikku“ („Tokio 1964“, 1964) etwa fiel ihm quasi in den Schoß, weil Kurosawa den Auftrag des japanischen NOKs ablehnte. So begann auch seine Karriere: zufällig. Eigentlich wollte Ichikawa Animationsfilme machen – sein Debüt war ein kurzer, von der Okkupationsverwaltung wegen pro-feudalistischer Tendenzen (was Quatsch ist) beschlagnahmter Puppenfilm, „Musume Dojoji“ (1945). Als sich das als wenig praktikabel erwies, wechselte er zum Spielfilm. Gelernt hat er u.a. unter Abe Yutaka, dem er in mehreren Werken, u.a. „Ashi ni sawatta onna“, „Sasame yuki“ (1983), per Remake seine Reverenz erwies. Den vielleicht wichtigsten Einfluss auf sein Schaffen hatte seine langjährige Ehefrau und (Co-)Drehbuchautorin Nattô Wada, die sich nach „Tokio 1964“ (weitgehend) vom Filmemachen zurückzog: Ihr gefiel die neue japanische Kinowelt nicht, sie war ihr zu wenig menschenfreundlich. Wadas Humanismus und Ichikawas sardonische, auch perverse, dann wieder mitleidige Sicht der Menschen verbanden sich verschroben-harmonisch zu einer unendlich komplexen, produktiv widerspruchslustigen, widersinnigen, widerborstigen Vision vom Leben der Menschen auf Erden, von Japan aus gesehen (auch aus so wahnwitzigen Perspektiven wie der eines Zweijährigen oder eines Katers). Gegen Ende seiner Karriere lebte sich Ichikawa bestens in die Position des Altmeisters ein. Sein Spätwerk wurde zu einem Monument an all jene, die nicht mehr waren, und an Zeiten, die vorüberzogen: beginnend 1985 mit der wenig überzeugenden Neuverfilmung seines Klassikers „Birma no tategoto“ (1956), dann mit einer Reminiszenz-per-Filmbiografie an die wohl größte aller japanischen Schauspielerinnen, an Tanaka Kinuyo („Eiga joyu“, 1987). Es folgten zwei posthume Verfilmungen von Wada-Drehbüchern („Tsuru“, 1988; „Ka-chan“, 2001), die Rückkehr in die Welt des Krimiautors Yokomizo Seishi („Yatsuhaka-mura“, 1996; „Inugaki-ke no ichizoku“, 1976 & 2006) und schließlich ein Freundschaftsdienst für die „Vier Ritter“, in memoriam, in Form der Verfilmung eines Drehbuchs, das sie zusammen geschrieben, aber nie produziert bekommen hatten, „Dora-heita“ (2000). Es gäbe noch so viel zu berichten. Was bleibt zu sagen? Danke, Meister.

rip. Sad

gruss

helmut
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